Alt- und Sopransaxophon, Block- und Querflöte
geb. 9.12.1939 Schorndorf
gest. 2.10.2009 Schorndorf
Das große Los – das Saxophon
Als anlässlich der Gründung einer zukünftigen Schülerband die zu erlernenden Instrumente per Los zugeteilt wurden, zog Dieter Seelow das Saxophon und damit den Jazz.
First Set
Nach ersten Auftritten in Dixielandbands begann er 1962 mit dem Chemiestudium in Tübingen. In der gleichen Zeit trat er in diversen Formationen auf und nahm an Jamsessions teil.
Seine musikalischen Vorlieben wandelten sich dabei allmählich vom Swing und Mainstream bis hin zum Hard-Bop und R & B.
1969 lernte er den Bassisten Wolfgang Schmid bei einem Bandwettbewerb in Schorndorf kennen, mit dem ihn fortan eine lebenslange enge Freundschaft verband.
Second Set
1970 gründeten Dieter Seelow und Wolfgang Schmid, zusammen mit dem Schlagzeuger Hans Haug, die Gruppe SEELOW, die sich in Deutschland und dem benachbarten Ausland schnell einen exzellenten Ruf erspielte und zu den Pionieren des Fusion-Jazz zählte. Anders als die meisten Jazz-Rockgruppen, die mit ganzen Bläsersätzen plus rocktypischer Instrumentierung in Mannschaftsstärke antraten, besann SEELOW sich auf die experimentellen Möglichkeiten und den individuellen Freiraum, den die kleine Besetzung bot. Dabei entstanden ausgesprochen spannende Verschmelzungen von Bop-Harmonien und Soul-Grooves, die eindeutig Jazz waren, aber stets mehr auf den Bauch als auf den Kopf zielten. Nachdem Wolfgang Schmid 1972 von Doldinger zu dessen Band PASSPORT abgeworben worden war, spielte Seelow wieder in wechselnden größeren Besetzungen, arbeitete mit Musikern wie Fred Braceful, Jo Flinner, Lala Kovacev, Wolfgang Dauner, Johannes Faber, Jan Jankeje, Peter Kühmstedt und Thomas Stabenow u.v.a.m.
Seit 1974 verheiratet und Vater geworden ( ein Sohn Sebastian) wechselte er das Studienfach, beendete das Pädagogikstudium und wurde ab 1983 bis zur Pensionierung Lehrer an der K.F.-Reinhardt-Hautschule in Schorndorf.
Pause – Die Luft zum Atmen und der Wiedereinstieg
1977 zwang ihn eine schwere Lungenkrankheit zu einem vorübergehenden Rückzug vom Musikgeschehen.
Von 1980 bis 1990 begleitete er mit Saxophon, Flöte und Synthesizer live das „Gmünder Schatten Trio“ mit Reiner Reusch, wirkte bei verschiedenen Studio-Aufnahmen mit, spielte bzw. komponierte die Sound-Tracks zu Film- und Fernsehproduktionen u.a. mit dem Filmemacher Bernd Umbreit.
Next Set
Ab 1980 war Dieter Seelow wieder mit eigener Band aktiv, experimentierte mit Wahwah-Saxophon und dem von ihm entwickelten Harmonizer. Er interpretierte und improvisierte neben Eigenkompositionen Titel von Miles Davis, Herbie Hancock, Joe Zawinul und Nat Addderly und klang dabei wie eine gelungene Mischung aus King Curtis und John Coltrane.
Als rhythmische Basis seiner Fusion diente immer noch mehr der erdige Blues und Soul als der glatte New York-Funk. Auf seinem Album „No.One“ zeigt Seelow die ganze Bandbreite seiner Ausdrucksmöglichkeiten von lyrischer Improvisation bis zu schnörkellosen, satten Grooves, die auch Eddie Harris erfreut hätten.
Dieter liebte es besonders im gemeinsamen Spiel und im Austausch mit jungen Musikern zu spannenden Experimenten und zu einem immer wieder neuen individuellen musikalischen Ausdruck zu finden.
Junge Talente wie Oli Rubow, Uli Lutz, Benno Richter und Daniel Messina bereicherten in unterschiedlichsten Formationen den Sound der Band SEELOW. Beeindruckend und sehr berührend sind seine letzte Komposition vom September 2009 „Blue Hour“ auf der CD „No.Two“.
Als jahrelanger künstlerischer Leiter der „Schorndorfer Gitarrentage“, Gründer des „JAZZCLUB SESSION88“, Saxophonlehrer, Workshopleiter lebte er gemeinsam mit vielen, jungen Musikern und Musikerinnen den Jazz, den Soul, den Blues und Funk.
Future Sounds
Nach seinem plötzlichen Herztod haben ihm zum Gedenken Freunde, Musikerkollegen und seine Familie am 9. Dezember 2009 den Dieter Seelow Jazz-Fonds gegründet (federführend Dr. Jürgen Hasert).
Seit 2013 ist der Fonds in der glücklichen Lage seinen Vereinszweck zu erfüllen und junge talentierte Musikerin/innen mit Preis und Preisgeld zu unterstützen.
Presseschau
– zu seinem 60. Geburtstag von Martin Pfrommer & Michael Riedinger
– Nachruf von seinem langjährigen Freund Wolfgang Schmid in der Jazzzeitung